von Andreas Faust
Ein Laptop, »Glyphs« und eine Idee: Nie zuvor in der rund 550-jährigen Geschichte des Buchdrucks mit beweglichen Lettern waren die Produktionsmittel zur professionellen Gestaltung und Distribution originärer Schriftarten in einem Maße verfügbar wie heute. Nicht jeder Typograph muss deshalb Schriften gestalten, doch verhilft die Schriftgestaltung jedem Typographen zu tieferen Einsichten in das Wesen und die Konstruktionsweise seiner Werkzeuge. Die Erfahrung, eigene Buchstaben zu zeichnen, schärft die Wahrnehmung fundamental und verfeinert das individuelle Repertoire typografischer Ausdrucksformen.
Der Kurs »Von Trajans Säule zum Digital Publishing« schlägt eine Brücke von den Ursprüngen der lateinischen Schrift und ihren geschichtlichen Transformationsprozessen hin zu ihrer Fortentwicklung im Hier und Jetzt — durch die Studenten selbst.
Die Klasse versammelte Studenten verschiedener Semester und Fachrichtungen. Keiner der Teilnehmer hatte bereits Erfahrung mit Schriftgestaltung. Das Ziel des Seminars bestand in der Entwicklung mindestens eines einsatzfähigen Fonts. Darüber hinaus gab es keine Vorgaben. Vielmehr sollten die Studenten aus ihrem persönlichen Geschmack und Interesse heraus einen produktiven Zugang zur Schriftgestaltung finden.
Andreas Faust ist Creative Director des deutschsprachigen JACOBIN Magazins. Er hat Schriftarten u.a. für Adidas, Maison Margiela und die Albrecht-Dürer-Gesellschaft gezeichnet.